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Ralf Schuricht: Taratalla. Latein Grammatik, 2009 <www.taratalla.de>.

4.4 Nominalformen des Verbs

4.4.6 Supinum I und II

Bei den beiden Supina handelt es sich um erstarrte Formen von Verbalsubstantiven der ū-Deklination, die nur in eng begrenzten grammatikalischen Kontexten verwendet werden.
Supinum I
Als erstarrter Richtungsakkusativ steht das Supinum I fast nur nach Verben der Bewegung, gelegentlich auch nach dare (geben) und Verben, die eine Bewegung hervorrufen (z.B. mittere – schicken). Die enthaltene Handlung ist stets aktiv. Ergänzungen durch ein Akkusativobjekt sind möglich, aber eher selten.
Lūsum in silvam eunt. – Sie gehen in den Wald, um zu spielen.
Lēgātōs mittunt auxilium rogātum. – Sie schicken Gesandte mit der Bitte um Hilfe.
Veniunt spectātum et ut spectentur. – Sie kommen, um zu betrachten und um betrachtet zu werden.
Außerdem wird das Supinum I dazu verwendet, um zusammen mit dem passiven Infintiv von īre den Infinitiv Futur Passiv zu bilden. Dieser wird gelegentlich gebraucht, um im aci passive Handlungen der Nachzeitigkeit auszudrücken:
Vōs laudātum īrī spērō. – Ich hoffe, dass ihr gelobt werden werdet / dass man euch loben wird.
Rēgīnam prōditum īrī prōvīsit. – Er sah voraus, dass man die Königin verraten würde.
Supinum II
Als erstarrter Dativ des Zwecks (nach anderer Auffassung als erstarrter Ablativ der Beziehung) steht das Supinum II fast nur nach wertenden Adjektiven sowie bei den Redewendungen fās est und nefās est (es ist Recht / Unrecht), seltener auch bei opus est (es ist nötig). Die im Supinum enthaltene Handlung kann aktive oder passive Bedeutung haben. Ergänzungen durch Objekte oder Adverbien sind nicht üblich, wohl aber Verbindungen mit Infinitivkonstruktionen oder indirekten Fragesätzen.
Montem quendam facilem ascēnsū sciō. – Ich kenne da einen leicht zu erklimmenden Berg.
Vōs cantāre horribile audītū fuit. – Es war grauenvoll anzuhören, wie ihr gesungen habt.
Quid fēceris, iūcundum narrātū est. – Es ist angenehm zu erzählen, was du getan hast.
Quae in illō templō agāntur, nefās vīsū est. – Es ist gegen göttliches Recht mitanzusehen, was in jenem Tempel geschieht.
4.4.1 Inf., aci, nci 4.4.2 Part. coniunctum 4.4.3 Abl. absolutus 4.4.4 Gerundium 4.4.5 Gerundivum
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