3.1 Bestandteile des Verbs
3.1.2 Tempus- und Moduskennzeichen
Indikativ Imperfekt
Kennzeichen des Indikativ Imperfekt ist das Suffix -bā-, das an den Präsensstamm angefügt
wird. In der konsonatischen Konjugationen und in den beiden i-Konjugationen ist außerdem noch der Themavokal
sichtbar, der – wohl in Analogie zur ā- und ē-Konjugation – gedehnt wird zu
-ēbā-. In der ī-Konjugation gibt es aber auch Nebenformen ohne sichtbaren Themavokal,
z.B. audībam.
Wie die Imperfektformen von esse (eram ...) und das Plusquamperfekt zeigen, ist das -ā- der entscheidende
Bestandteil gewesen, der einen Zustand in der Vergangenheit anzeigte. Das -b- könnte mit dem Perfektstamm
fu- von esse verwandt sein.
Das Passiv wird analog gebildet. Es ändern sich nur die Personalendungen.
laudā - bā - s
monē - bā - s
audi - ē-bā - s
capi - ē-bā - s
leg - ē-bā - s
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laudā - bā - ris
...
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Indikativ Plusquamperfekt
Kennzeichen des Indikativ Plusquamperfekt Aktiv ist das Suffix -erā-, das an den Perfektstamm
angefügt wird. Die Ähnlichkeiten mit dem Imperfekt von esse (das man ja tatsächlich für die
entsprechenden Passivformen braucht) ergeben sich eher zufällig. Das Suffix besteht eigentlich aus der
Perfektstammerweiterung -er- und dem Suffix -ā-, das als Kennzeichen für Vergangenheit auch im Imperfekt
vorliegt.
Das Passiv des Indikativ Plusquamperfekt wird ähnlich wie im Deutschen mit dem Partizip Perfekt Passiv und
dem Imperfekt von esse gebildet.
laudāv - erā - s
monu - erā - s
audīv - erā - s
cēp - erā - s
lēg - erā - s
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laudātus er-ā-s
...
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Konjunktiv Präsens
Der Konjunktiv Präsens ist in Opposition zum Indikativ Präsens entstanden: In der ā-Konjugation
wurde an den Präsensstamm das Suffix -ē- angefügt (das dort den stammauslautenden Vokal
verdrängte), in der ē-Konjugation das Suffix -ā-. In den übrigen Konjugationen wurden
zunächst beide Suffixe nebeneinander verwendet, bis sich im Zuge der Ausdifferenzierung von Konjunktiv und
Futur das ā-Suffix durchsetzte.
In einigen semithematisch konjugierten Verben (esse, velle, ēsse/edere) hat der alte Optativ (Wunschmodus) mit
dem Suffix -ī- (sim, velim, edim) die Funktion des Konjunktivs übernommen, ferner im Konjunktiv
Perfekt. Ansonsten hat der Konjunktiv die Funktionen des Optativs übernommen.
laud - ē - s
mone - ā - s
audi - ā - s
capi - ā - s
leg - ā - s
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laud - ē - ris
mone - ā - ris
...
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(Indikativ) Futur I
Das Futur ist durch Ausdifferenzierung aus dem Konjunktiv Präsens entstanden (weshalb es auch keinen Konjunktiv
Futur gibt). Irgendwann einmal erkannte man, dass die Aussage "Du sollst deine Hausaufgaben machen."
nicht zwangsläufig identisch ist mit der Aussage "Du wirst deine Hausaufgaben machen."
Außerhalb der ā- und ē-Konjugation stellte die Ausdifferenzierung kein Problem dar: Das ā-Suffix
kennzeichnete nunmehr den Konjunktiv (Präsens), das ē-Suffix das (indikativische) Futur. In der
1. Pers. Sg. waren die inhaltichen Unterschiede jedoch äußerst gering: Wenn ich selbst etwas tun
will, dann werde ich es wohl auch wirklich tun. Daher setzte sich dort das ā-Suffix auch für
die Bildung des Futurs durch: also audiam, aber audiēs, audiet, ...
In der ā- und ē-Konjugation, wo ein solche Ausdifferenzierung nicht möglich war, griff man auf
den thematischen Konjunktiv zurück, den wir noch im Futur von esse (er-ō, er-i-s ...) und im Futur II fassen
können. Allerdings wurde vorher noch – ähnlich wie beim Indikativ Imperfekt – das Suffix
-b- eingefügt.
laudā - b - i - s
monē - b - i - s
audi - ē - s
capi - ē - s
leg - ē - s
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laudā - b - e - ris
monē - b - e - ris
audi - ē - ris
capi - ē - ris
leg - ē - ris
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Konjunktiv Perfekt
Kennzeichen des Konjunktiv Perfekt Aktiv ist das Suffix -eri- (eigentlich -erī-), das an den
Perfektstamm angefügt wird. Es setzt sich zusammen aus der Perfektstammerweiterung -er-
und dem alten Optativsuffix -ī-. Deshalb müsste das -ī- in den Ausgängen -erīs,
-erīmus und -erītis eigentlich lang gemessen werden, doch ist oft eine Angleichung an den kurzen
Themavokal des Futur II zu beobachten.
Bei v-Perfekt sind umgangssprachliche Kurzformen ohne die Silbe -ve- nicht selten: z.B. laudārim statt
laudāverim.
Das Passiv wird mit dem Partizip Perfekt Passiv und dem Konjunktiv Präsens von esse gebildet.
laudāv - eri - s
monu - eri - s
audīv - eri - s
cēp - eri - s
lēg - eri - s
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laudātus s-ī-s
...
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(Indikativ) Futur II
Das Futur II ähnelt mit dem Suffix -eri- sehr dem Konjunktiv Perfekt. Das -i- ist hier jedoch ein kurzer
Themavokal, der auf einen alten thematisch gebildeten Konjunktiv zurückgeht. Die 1. Pers. Sg. hat daher
den Ausgang -erō im Gegensatz zum Konj. Perf. -erim. Die 3. Pers. Pl. müsste daher eigentlich den
Ausgang -erunt zeigen, doch hat sich -erint durchgesetzt, sei es in Analogie zum Konjunktiv Perfekt oder zwecks
Abgrenzung vom Indikativ Perfekt -ērunt.
Das Passiv wird mit dem Partizip Perfekt Passiv und dem Futur I von esse gebildet.
laudāv - eri - s
monu - eri - s
audīv - eri - s
cēp - eri - s
lēg - eri - s
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laudātus er-i-s
...
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Konjunktiv Imperfekt und Plusquamperfekt
Gemeinsames Kennzeichen dieser beiden Konjunktive ist das Suffix -sē-. Im Konjunktiv Imperfekt wird das
Suffix an den Präsensstamm angefügt, wobei das Suffix durch Rhotazismus nach Vokalen zu
-rē- geworden ist und damit dem Infinitivsuffix ähnelt.
Im Konjunktiv Plusquamperfekt wird das Suffix mit dem Perfekterweiterungssuffix -is- ergänzt zu
-issē- und an den Perfektstamm angefügt. Damit ergibt sich auch hier ein äußere
Ähnlichkeit mit dem Infinitiv Perfekt Aktiv.
laudāv - issē - s
monu - issē - s
audīv - issē - s
cēp - issē - s
lēg - issē - s
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laudātus es-sē-s
...
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laudā - rē - s
monē - rē - s
audī - rē - s
cape - rē - s
leg - e - rē - s
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laudā - rē - ris
...
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Bei v-Perfekt sind umgangssprachliche Kurzformen ohne
die Silbe -ve- nicht selten: z.B. laudāssem statt laudāvissem.
Das Passiv wird im Konjunktiv Plusquamperfekt gebildet mit dem Partizip Perfekt Passiv und dem Konjunktiv Imperfekt
von esse.
Vokalkürzung in Endsilben
Die langen Vokale der Tempus- und Modussuffixe sind den normalen Lautgesetzen unterworfen. In Kombination mit
den Personalendungen bleiben sie als Mittelsilben erhalten, werden aber in Endsilben gekürzt
– außer vor -s, weshalb wir oben die 2. Pers. Sg. als Paradigma verwendet haben.
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