In separativer Funktion wird der Ablativ häufig mit den Präpositionen ab,
ex oder dē verstärkt. In zahlreichen Fällen wird er jedoch ohne Präposition verwendet.
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abl. sēparātīvus
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Als Angabe des Ausgangsortes bei Städtenamen und kleineren Inseln:
Rōmā / Athēnīs / Delō prōficīscī – aus Rom / aus Athen / von der Insel Delos aufbrechen
aber: ex Crētā prōficīscī – von Kreta aufbrechen Tritt eine Apposition hinzu, wird bei dieser gewöhnlich auch die Präposition ergänzt:
ex urbe Rōmā – aus der Stadt Rom
Athēnīs ex urbe maximā Graeciae – aus Athen, der größten Stadt Griechenlands Auch domō (aus dem Haus) und rūre (vom Land) stehen gewöhnlich ohne Präposition.
Nur in Verbindung mit Attributen, die nicht den Besitzer angeben, tritt eine Präposition hinzu:
domō / rūre abīre – aus dem Haus / vom Lande fortgehen
domō tuā / patris abīre – aus deinem Haus / aus dem Haus des Vaters fortgehen aber: ex domō vetere abīre – aus dem alten Haus fortgehen |
Bei den Verben (und Adjektiven) des Beraubens, Befreiens und Entbehrens steht das,
wovon man getrennt wird bzw. ist, gewöhnlich im bloßen Ablativ ohne Präposition:
aurō prīvāre / spoliāre – des Goldes berauben
ōrnāmentīs nūdāre – des Schmuckes entblößen pecūniā fraudāre – um das Geld betrügen tyrannō līberāre – vom Tyrannen befreien vinculīs solvere – von den Fesseln befreien officiō vacāre – von Pflichten frei sein
pecūnā carēre – des Geldes entbehren, kein Geld haben aquā egēre – des Wassers bedürfen, Wasser brauchen vestibus nūdus – von Kleidung entblößt
omnī metū līber – von jeglicher Furcht frei officiō vacuus – von Pflichten frei Bei den übrigen Verben, die eine Trennung beinhalten, ist oft beides möglich:
sowohl der bloße Ablativ als auch Ablativ mit Präposition (ab, ex, dē). Manche Verben dürfen
sogar nur mit einer bestimmten Präposition konstruiert werden.
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abl. orīginis
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Zur Angabe der elterlichen oder sozialen Herkunft; meistens nach nātus oder ortus
und ohne Präposition, gelegentlich auch mit ex (vor allem bei Pronomina), bei entfernterer Abstammung auch
mit ab:
Iūliā nātus – geboren von Iulia
nōbilī genere nātus – ein Mann von vornehmer Abstammung tuō sanguine ortus – von deinem Blut abstammend serva, ex quā nātus est – die Sklavin, von der er geboren wurde
plērīque Belgae ortī sunt ab Germānīs – die meisten Belgier stammen von den Germ. ab |
abl. auctōris
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Der Urheber einer passiven Handlung wird, wenn es sich um eine Person, ein Tier oder
eine personifizierte Sache handelt, im Ablativ mit der Präposition ab angegeben:
ab eō missus sum – ich bin von ihm geschickt worden
ā multitūdine canum terrēmur – wir werden von einer Hundemeute verjagt ā fortūnā dūcitur – er wird vom Schicksal geleitet Anstelle des ablativus auctoris kann auch der dativus auctoris verwendet werden. Man findet
ihn regelmäßig beim Gerundivum und häufiger auch in der Dichtung.
Ist der Urheber einer passiven Handlung eine Sache, wird der rein
instrumentale Ablativ ohne Präposition verwendet (siehe unten).
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Da beim Komparativ eine qualitative Distanz zwischen den zu vergleichenden Objekten aufgebaut
wird, wurde das Vergleichsobjekt ursprünglich im reinen Ablativ ohne Präposition angegeben. Die
alternative Konstruktion mit der Partikel quam ist jünger:
Marcus Tertiō (= quam Tertius) māior est. – Marcus ist größer als Tertius.
Quid praestat amīcō fidēlī? – Was ist besser als ein zuverlässiger Freund? Bei Relativa ist die Konstruktion im Ablativ zwingend notwendig. Die wörtliche
Übersetzung klingt jedoch im Deutschen schwerfällig und sollte durch eine freiere ersetzt werden:
pater, quō fīlius doctior est – der Vater, im Vergleich zu dem der Sohn gelehrter
ist / dessen Sohn gelehrter ist als er
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In instrumentaler Funktion steht der Ablativ meistens ohne Präposition, kann aber in
manchen Funktionen durch cum verstärkt werden, in kausaler Funktion auch durch ex.
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abl. īnstrūmentī
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Zur Angabe des Mittels oder Werkzeugs; daher gewöhnlich auf konkrete Sachen bezogen,
gelegentlich aber auch auf Menschengruppen, die Politikern oder Feldherrn als Werkzeug dienen; grundsätzlich
ohne Präposition:
pilā lūdere – mit einem Ball spielen
epistula stilō acūtō scrīpta – ein Brief, geschrieben mit einem spitzen Stift gladiātōribus rem pūblicam obsidēre – mit Gladiatoren den Staat terrorisieren Ansonsten verwendet man bei Personen, die als Vermittler oder Helfer einer Handlung auftreten,
per + Akk. oder Umschreibungen mit operā oder auxiliō, bei Urhebern einer passiven Handlung den abl.
auctoris mit ab (siehe oben):
per nūntium certior factus sum – durch einen Boten habe ich erfahren
auxiliō patris stabulum exstrūxī – mit der Hilfe meines Vaters habe ich den Stall errichtet ā patre stabulum exstrūctum est – der Stall wurde von meinem Vater errichtet |
Oft als Ergänzung nach Ausdrücken Verben des Ausstattens und Füllens:
amphoram aquā complēre – eine Amphore mit Wasser füllen
servōs glādiīs īnstruere – die Sklaven mit Schwertern ausstatten mortuum honōribus afficere – den Verstorbenen mit Ehrungen auszeichnen |
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Als Objekt nach den eigentlich intransitiven Deponentien ūtī, fruī,
fungī, vēscī, potīrī sowie nach den unpersönlichen Ausdrücken des
Benötigens ūsus est und opus est:
instrūmentō ūtī / abūtī – ein Werkzeug benutzen / missbrauchen
silentiō fruī – die Stille genießen mūnere fungī – ein Amt ausüben lacte et carne vēscī – sich von Milch und Fleisch ernähren rēgnō potīrī – sich der Königsherrschaft bemächtigen navibus ūsus est – es sind Schiffe nötig
aquā mihī opus est – ich brauche Wasser |
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abl. modī
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Zur Angabe der Art und Weise oder der Begleitumstände; teils mit, teils ohne
die Präposition cum. Insbesondere zweigliedrige Ausdrücke stehen oft ohne Präposition:
hāc ratiōne pūgnāre – auf diese Weise kämpfen
aequō animō vīvere – mit Gleichmut leben māgnā (cum) dīligentiā agere – mit großer Sorgfalt handeln multīs cum lacrimīs dīcere – unter vielen Tränen sagen Auch ohne attributive Ergänzung bleiben einige adverbiell erstarrte Ablative
regelmäßig ohne Präposition, z.B.:
iūre / iniūriā – zu Recht / zu Unrecht
cāsū – zufälligerweise ōrdine – der Reihe nach vī – mit Gewalt, gewaltsam |
abl. comitātīvus /
sociātīvus |
Zur Angabe der Begleitung; bei Truppenbewegungen gelegentlich auch ohne Präposition,
ansonsten aber immer mit der Präposition cum:
Ipse omnibus cōpiīs in Galliam proficīscitur. – Er selbst brach mit allen Truppen nach G. auf.
aber: Ūnā cum legiōne Rōmam contendit. – Mit nur einer Legion eilte er nach Rom. Cum Claudiā in silvā ambulāvī. – Ich bin mit Claudia im Wald spazieren gegangen. Deus nōbiscum sit! – Gott sei mit uns! |
abl. causae
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Zur Angabe einer Ursache oder eines inneren Beweggrundes, gelegentlich verstärkt durch
die Präposition ex:
famē labōrāre – an Hunger leiden
metū fugere – aus Angst fliehen ex nostrā cōnsuētūdine cantāre – gemäß unserer Gewohnheit singen tuō arbitriō agere – nach deinem Gutdünken handeln iussū tacēre – auf Befehl schweigen Oft nach Verben der Freude und Trauer u.ä:
praemiō gaudēre – sich über die Belohnung freuen
pulchritūdine glōriārī – sich der Schönheit rühmen morte amīcī dolēre – den Tod des Freundes bedauern |
Zur Angabe des Preises bei Verben des Kaufens, Mietens etc:
magnō / plūrimō vendere – teuer / sehr teuer verkaufen
parvō / minimō condūcere – billig / sehr billig mieten trībus dēnāriīs cōnstat – das kostet drei Denare Vor allem bei konkreten Preisangaben steht stets der Ablativus pretii. Bei vergleichenden
oder fragenden Preisangaben steht eher der Genetivus pretii
(z.B. plūris oder quantī), ferner bei allgemeinen Wertangaben nach Verben der Wertschätzung.
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Zur Angabe der körperlichen oder geistigen Eigenschaften einer Person oder Sache.
Die Eigenschaft steht dabei nie allein, sondern immer in Verbindung mit einem Attribut:
vir summā nobilitāte – ein Mann von höchstem Adel
magister exiguā doctrīnā – ein Lehrer von geringer Gelehrsamkeit Auch als Prädikatsnomen mit esse:
Quantā prūdentiā es! – Von welch großer Klugheit du doch bist! / Wie
klug du doch bist!
Weiter verbreitet zur Angabe von Eigenschaften ist jedoch der
Genetivus qualitatis.
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abl. mēnsūrae
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Bei Komparativen und anderen vergleichenden Begriffen zur Angabe des Ausmaßes des
Unterschieds:
paulō minor – etwas kleiner
dīmidiō altior – um die Hälfte höher quō plus, eō melius – je mehr, desto besser decem annīs ante – zehn Jahre zuvor / vor zehn Jahren Auch nach Verben des Übertreffens und des räumlichen und zeitlichen Abstandes:
multō praestare – bei weitem übertreffen / viel besser sein
longō intervallō abesse – in einem großen Abstand entfernt sein |
abl. līmitātiōnis
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Zur Angabe des Geltungbereiches, vornehmlich bei Verben des Übertreffens und
Beurteilens, gelegentlich aber auch nach wertenden bzw. vergleichenden Adjektiven und Substantiven:
aliquem virtūte superāre – jemanden in der Tapferkeit übertreffen
sapientiā excellere – sich durch Weisheit auszeichnen rem ūtilitāte mētīrī – die Sache nach der Nützlichkeit bemessen speciē discere, rē vērā lūdere – dem Anschein nach lernen, in Wirklichkeit spielen linguā et nātiōne barbarus – nach Sprache und Abstammung ein Barbar Oft zur relativen Altersangabe:
māior / minor nātū – der ältere / jüngere
maximus / minimus nātū – der älteste / jüngste |
Wird der Locativus ohne Präposition verwendet, zeigt er gelegentlich noch seine alte
Endung -ī. Ansonsten wird der Ablativ in lokaler Funktion meistens mit der Präposition in verwendet.
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abl. locī
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Als Ortsangabe auf die Frage "wo?" steht bei Städtenamen und kleineren
Inseln der reine Lokativ ohne Präposition. Ansonsten wird in ergänzt, auch bei Appositionen zu
Städtenamen:
Rōmae / Athēnīs / Delī – in Rom / in Athen / auf der Insel Delos
aber: in Britanniā / in silvā / in tēctō – in Britannien / im Wald / auf dem Dach Rōmae in urbe – in der Stadt Rom Ohne Präposition stehen auch die Lokative domī (zu Hause / im Haus),
rūrī (auf dem Land) und humī (auf dem Boden), ferner einige feste Redewendungen
wie terrā marīque (zu Lande und zu Wasser). Wird domī durch ein Attribut ergänzt,
gelten wieder dieselben Regeln wie beim Separativus (also domī meae oder domī patris, aber in domō
māgnā).
Bei locō kann zwar die Präposition in stehen,
sie wird aber vor allem in Verbindung mit Attributen gerne weggelassen:
eō locō – an diesem Ort
locō salubrī – in gesunder Lage locō Caesaris – an Caesars Stelle Ähnliches gilt für Ortsangaben in Verbindung mit tōtus und für
zusammengesetzte Ortsangaben mit parte und regiōne:
tōtā (in) urbe – in der ganzen Stadt
alterā parte – auf der anderen Seite dextrā (parte) – rechts / auf der rechten Seite eādem regiōne – in derselben Gegend |
Nach den Verben des Setzens, Stellens und Legens sowie des Hinzuzählens
verwenden wir im Deutschen oft den Richtungsakkusativ, während der Lateiner eher das Ergebnis der Handlung
sieht und daher den Ablativ verwendet:
in sellā cōnsīdere – sich auf den Stuhl setzen
in tergō asinī pōnere – auf den Rücken des Esels legen in lectō accumbere – sich auf das Bett legen in hostibus numerāre – zu den Feinden zählen |
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abl. temporis
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Als Zeitangabe auf die Frage "wann?" und "innerhalb welcher Zeit?" steht
bei Substantiven, die einen eigentlichen Zeitbegriff beinhalten, der bloße Ablativ ohne
Präposition. Als eigentliche Zeitbegriffe gelten auch religiöse Feste und andere Veranstaltungen mit
festen Terminen:
quintā hōrā – zur fünften Stunde
hōc annō – in diesem Jahr aetāte – im Sommer prīmā lūce – bei Tagesanbruch antīquīs temporibus multīs saeculīs – viele Jahrhunderte lang
octō diēbus – innerhalb von acht Tagen / vor acht Tagen / in acht Tagen Sāturnālibus – während der Saturnalien
comitiīs – zur Zeit der Wahlenlūdīs / gladiātōribus – während der Spiele / während der Gladiatorenkämpfe Bei manchen Substantiven wie nox, vesper oder lūx findet man neben den regulären
Ablativen auch noch alte Lokativendungen:
noctū / nocte – nachts
vesperī / vespere – abends lucī / lūce – am helllichten Tage Tritt bei solchen Zeitbegriffen die Präsposition in hinzu, wird aus der bloßen
Zeitangabe eine Betonung der besonderen zeitlichen Umstände:
hōc in tempore – unter den Bedingungen dieser Zeit
in tālī diē – an einem solchen Tag Substantive, die keine eigentlichen Zeitbegriffe sind, sondern eher eine Handlung oder einen
Zustand ausdrücken, können als Zeitangabe im Ablativ ebenfalls ohne die Präposition in
stehen, wenn sie ein Attribut bei sich haben:
hōc bellō – in diesem Krieg
summā senectūte – im hohen Alter fīliae nuptiīs – bei der Hochzeit der Tochter |