Art der Betonung
|
|
exspiratorischer
Akzent |
Im Deutschen (und in anderen europäischen Sprachen) wird die zu betonende Silbe mit
leicht erhöhtem Luftdruck ausgesprochen.
|
musikalischer
Akzent |
Im Lateinischen wurde zumindest in historischer Zeit die Tonhöhe der zu betonenden Silbe
angehoben. Dieses Anheben der Tonhöhe gibt es auch im Deutschen, hat dort aber eine syntaktische Funktion:
In Aussagesätzen senkt sich die Satzmelodie am Ende: "Du gehst nach Hàuse." Zieht man
dagegen die Satzmeldoie am Ende nach oben, wird aus dem Aussagesatz ein Fragesatz: "Du gehst nach
Háuse?"
In der Schulaussprache verwenden wir auch im Lateinischen den exspiratorischen Akzent. |
Ort der Betonung
|
|
fester Ort
|
Im Deutschen ist der Akzent eines Wortes an eine feste Silbe gebunden, unabhängig von der Anzahl der
Silben, die davor oder dahinter stehen, z.B. Ántwort, ántworten, er ántwortete,
beántwortet.
|
variabler Ort
|
Im Lateinischen haben nur ein- und zweisilbige Wörter
einen festen Betonungsort. Zweisilbige Wörter werden nämlich grundsätzlich auf der ersten Silbe
betont: z.B. cúr-rit, bó-nus, só-lus.
Bei drei- und mehrsilbigen Wörtern kann der Akzent
zwischen der vorletzten und drittletzten Silbe schwanken. Entscheidend ist die Länge der vorletzten Silbe,
die Paen-Ultima genannt wird. Ist diese lang, liegt die Betonung auf der vorletzten Silbe, ansonsten auf
der drittletzten.
Folglich wird im-pe-rá-tor (mit langem -ā-) auf der vorletzten, dó-mi-nus (mit kurzem -i-) dagegen auf der drittletzten Silbe betont. Bildet man von dóminus den Genetiv Plural do-mi-nó-rum, wandert der Akzent nach hinten auf die vorletzte Silbe, da das dortige -ō- lang ist. Die Frage, wann eine Silbe als kurz oder lang gemessen wird, ist daher im Lateinischen von größerer Bedeutung als im Deutschen. Ausnahmen:
Wird ein einsilbiges Enklikum, also ein Wort ohne eigene Betonung wie -que, -ve oder -ne an ein anderes Wort angehängt, wandert dessen Betonung auf die letzte Silbe vor dem Enklitikum, auch wenn diese Silbe kurz ist: z.B. domináque, omniáque. Einige Wörter haben auch nach dem Abschleifen ihrer Endsilbe ihre ursprüngliche Betonung behalten. Auf der Endsilbe betont werden daher z.B. illīc (aus illīce) oder vidēn (aus vidēsne). |
Silbenlänge
|
|
lange Silben
|
Als naturlang gilt eine Silbe mit langem Einzelvokal
(ā, ē, ī, ō, ū) oder Diphthong (ae, au, ei, eu, oe, ui). Auf der vorletzten Silbe betont
werden daher Wörter wie se-nā-tor, crū-dē-lis, dī-vī-nus, com-mō-tus oder
il-lū-sus. Wörter mit Diphthongen in betonten Mittelsilben sind dagegen eher selten, z.B. ad-ae-quat,
ap-plau-sus, a-moe-nus.
Als positionslang gilt eine Silbe, wenn auf einen kurzen Vokal zwei oder mehr
Konsonanten folgen (zu den Ausnahmen siehe unten). Daher werden z.B. pu-él-la, se-cún-dus,
noc-túr-nus oder ad-mi-nís-trat auf der vorletzten Silbe betont. Sprechtechnisch werden die
Konsonanten nämlich auf beide Silben verteilt, sodass die vorletzte Silbe geschlossen ist und dadurch
"länger" wirkt, auch wenn der Vokal in ihr weiterhin kurz ausgesprochen wird. Auf der vorletzen
Silbe betont wird daher auch co-né-xus, da -x- nur als andere Schreibweise für -cs- aufgefasst wird
und man eigentlich co-néc-sus spricht.
|
kurze Silben
|
Folgt auf einen kurzen Vokal nicht mehr als ein Konsonant,
gilt die Silbe immer als kurz (außer bei -x-, siehe oben). Folgen zwei Konsonanten, kommt es auf die Qualität
der Konsonaten an, ob die Silbe kurz oder lang gemessen wird.
Keine Positionslänge bildet die Konsonantenfolge muta
cum liquida, also eine Kombination aus Verschlusslaut (b, p, d, t, g, c) plus Fließlaut (l, r). Diese
Konsonantenkombination gilt als besonders eng und wird daher komplett der neuen Silbe zugeordnet. Dadurch bleibt
die vordere Silbe offen und wird weiterhin kurz gemessen. Wörter wie z.B. té-ne-brae oder
Kle-ó-pa-tra werden also auf der drittletzten Silbe betont.
Aus ähnlichen Gründen bilden auch -qu- und Kombinationen aus Konsonant plus
-h- keine Positionslänge: Man betone also ál-lo-qui und phi-ló-so-phus, aber auch
práe-ter-hac auf der drittletzten Silbe. Wörter dieser Art sind indessen selten, sodass diese
Ausnahmeregeln erst für die Metrik wichtig werden, wenn Silbenlängen über Wortgrenzen hinweg
gemessen werden.
|